Interview: Vom Blogger zum »Social Media Redakteur«

Portraitfoto von Daniel FallensteinDaniel Fallenstein lebte viele Jahre »medial nicht existent« bis er das Bloggen für sich entdeckte und stieg in wenigen Jahren zum professionellen Journalisten auf.

Herr Fallenstein, 1982 haben Sie in der Schweiz das Licht der Welt erblickt. Später haben Sie im Münsterland gelebt bis Sie schließlich im Jahr 2001 nach Berlin gezogen sind. Wann haben Sie die Welt des Bloggens für sich entdeckt?

Mit dem Bloggen habe ich als Student 2002/2003 begonnen, als das überhaupt erst groß wurde. Als ich vorher noch im Münsterland lebte, war ich medial nicht existent und hatte mit Medien und Journalismus nichts zu tun. Ich habe nicht die typische Schülerzeitungskarriere verfolgt.

Was hat Sie zum Bloggen bewegt?

Generell habe ich mich über das aufgeregt, was in den Massenmedien stand. Ich dachte mir, das kann es doch nicht sein. Ich hatte andere Sachen erlebt und eine andere Meinung. Dann habe ich einfach mal meine Wut herausgeschrieben. So ein Müll, das kann doch nicht sein, ging mir durch den Kopf. Wenn diese Journalisten halt zu blöd sind und ich bin so ein cooler Blogger, dann mache ich das einfach. Darauf habe ich über Veranstaltungen oder Ereignisse geschrieben, die ich selbst gesehen hatte. Dabei versuchte ich in meinem Blog die Berichterstattung auf die Art und Weise zu gestalten, wie ich es für richtig hielt.

Seit diesem Jahr sind Sie bei »The European« tätig. Wie kam es zu diesem Sprung innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt vom freiwilligen, unabhängigen Betreiber eines Blogs zum professionellen Journalisten?

Zwischen dem Bloggen und dem »wirklichen« Journalismus war ich beratend im Bereich Social Media tätig. Ich optimierte den Webauftritt bei cicero Online. Nach einem guten Angebot entschied ich mich, bei »The European« fest zu arbeiten.

Und nun zu »The European«. Was hat es damit auf sich?

»The European« ist das neue Debattenmagazin im Netz und ist seit September 2009 online.

Wie sieht es mit der Qualität aus und wer schreibt für das Magazin?

Die Stimmen, die wirklich von Bedeutung sind. Das ist unser Claim und auch unser Anspruch. Wir wollen Autoren, die wirklich etwas zu einem Thema zu sagen haben. Das heißt, wenn wir eine Debatte über freien Willen führen, dann lassen wir die Philosophen und die Hirnforscher miteinander debattieren. Und diese sagen uns, warum es einen freien Willen gibt oder warum nicht. In unserer Debattenzusammenfassung finden die Leser, mit was für einem Themenkomplex sie es zu tun haben, sodass die Meinungsbeiträge eingeordnet werden können.

Es kann also nicht jeder mitschreiben?

Wir gehen in aller Regel raus und suchen uns die Autoren sorgfältig aus. Normalerweise setzen wir darauf, dass sich Autoren bereits hervorgetan haben. Es kommt natürlich vor, wenn ein Netzpolitiker der CDU sagt, wir brauchen Netzsperren, dass sich ein FDP-Abgeordneter bei uns meldet und einen Gegenartikel schreiben möchte.

Wie steht es um Konkurrenzunternehmen?

Welche Konkurrenz? Es gibt zwar Kollegen, die mit ihren Webauftritten ähnliche Konzepte verfolgen, oder es gibt Blogs, die so einen Anspruch haben. Aber als explizites journalistisches Medium im Web stehen wir alleine.

Ein paar Zahlen zum Debattenmagazin?

Im Durchschnitt bekommen wir bei Facebook zehn neue Fans pro Tag, insgesamt sind es über 4.200 Fans. Die Leserzahlen auf der Seite befinden im mittleren fünfstelligen Bereich. Und über unsere Kooperation mit T-Online und N24 haben wir eine Reichweite von 450.000 Menschen täglich, die unsere Inhalte zu Gesicht bekommen.

Sie bezeichnen sich selbst als »Social Media Redakteur«. Was genau steckt hinter dieser Bezeichnung?

Der Beruf »Journalist« ist keine geschützte Bezeichnung, genauso wenig ist es „Redakteur“. Noch weniger ist es »Social Media Redakteur«. Aber es ist eine gut definierbare Bezeichnung und zwar bedeutet es, dass ich in der Redaktion für die Repräsentation unseres Unternehmens über Social Media zuständig bin. Ich betreue unsere Kanäle wie Facebook, Twitter und Youtube. Ich evaluiere, welche anderen Kanäle sinnvoll nutzbar sind. Und wenn ja, dann baue ich diese Kanäle auf und betreue sie.

Auch heute bloggen Sie noch auf daniel.fallenste.in. Wie hat sich das Bloggen für Sie in den letzten Jahren geändert?

Gewaltig. Ich blogge gar nicht mehr über Politik. Ich habe gelernt, in dem, was ich publiziere, meine politischen Ansichten extrem zurückzunehmen, wenn nicht gar vollkommen auszublenden. In meinem Blog blogge ich meistens über Stil, indem ich hübsche Fotos poste. Im Gegensatz zu früher, als ich sehr meinungsbetonte Artikel geschrieben habe.

Was haben Sie aus dem Bloggen gelernt?

Verkürzen. Wenn man sich eine kleine Leserschaft aufbaut und diese unterhält und die auch eine Weile bei der Stange hält, eignet man sich gewisse Sprachtechniken an. Beispielsweise eine sehr metaphernreiche, aggressive Sprache.

Wollen Sie den derzeitigen und zukünftigen Bloggern etwas mitteilen?

Selber machen. Sprich: mehr davon selber machen, worüber man bei Journalisten schimpft.

Das wäre was?

Einfach mal ein Interview führen. Mit dem Diktiergerät rausgehen, wenn in der Stadt eine Demo stattfindet. Oder einen Podcast betreiben, das ist auch eine gute Sache, weil man sich dabei stärker Wissen aneignet, als beim bloßen Schreiben. Das ist methodisch schon sehr nah dran an den Radioleuten, wenn man seine Sache gut macht.

Zum Abschluss ein Statement zu den Jugendmedientagen 2010 in Stuttgart und den jungen Medienmachern?

Sachen ausprobieren, die sich nicht so aufdrängen. Gerade, wenn man sich bereits einen festen journalistischen Ethos angeeignet hat, vielleicht mal PR ausprobieren.

Das lässt sich mit einem Blog wunderbar kombinieren, oder? Beispiel Suchmaschinenmarketing.

Genau.

Herzlichen Dank für das Interview.

Veröffentlicht bei Noir

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