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Die Türkei macht Riesenschritte nach vorn

Fast zwei Monate in der Türkei. Noch vor einigen Jahren käme dies für mich nicht in Frage. In der Regel hat es mir dort nach 2-3 Wochen schon gereicht. Dennoch wagte ich dieses Jahr den Schritt und berichte nun im Folgenden wie es sich dort lebt.

Wenn man sich mit den Menschen auf der Straße unterhält, gibt es eigentlich nur zwei Ansichten zur Politik des amtierenden Regierungschef Erdogan: Entweder wird er niedergeschmettert oder hochgelobt. Dazwischen gibt es fast nichts. Dabei scheint es die Kritiker kaum zu interessieren, was in den letzten Jahren nach Amtsantritt geschehen ist und welches Ansehen die Türkei mittlerweile in der Weltöffentlichkeit genießt. Jedes Wort, jede Fehlhandlung wird auf die goldene Waage gelegt. Ich hingegen nahm eher eine neutrale Position ein und hörte beiden Seiten geduldig zu.

1. Infrastruktur

Die Strecke zwischen den Metropolen Izmir und Ankara ist eine der Hauptverkehrsschlagadern der Türkei. Noch vor vier Jahren bestand diese Strecke aus zwei Spuren: Eine Hin und eine Zurück. Straßenbau in der Türkei bedeutete eine hauchdünne Schicht an Teer ausbreiten und darüber weiße Kieselsteine ausbreiten. Das war’s. Hitze und Lastwagen sorgten dann dafür, dass sich die Straße (zumindest an den befahrenen Stellen) dunkel färbte.

Mit der neuen Regierung wurden die Verbindung Izmir-Ankara nur doppelspurig gemacht. Die Straßen werden gebaut wie in Europa. Sie werden nicht mehr von schweren Lastern gleich wieder abgetragen. Eine positive Entwicklung wie ich meine. Dennoch blenden Kritiker diese Errungenschaft scheinbar ignorant weg.

2. Institutionalisierung

Behördengänge – so berichten Einheimische – waren früher ein reines Glückspiel. Stundenlanges Anstehen vor Ämtern waren keine Seltenheit. Nicht selten kam es dann vor, dass sich Leute vordrängelten, da sie zufällig den Beamten gut kannten. Frust und Ärger machten sich breit.

Heutzutage geht es in Behörden viel zivilisierter vor. Ähnlich wie in Deutschland zieht nun jeder eine Nummer und wartet bis er aufgerufen wird. Kein Gedränge, kein Geschreie. Natürlich hat nicht die Einführung der Nummern für gerechte Behandlung gesorgt. Sondern die Maßnahmen, die bei Nichtbeachtung der Regeln nun konsequenter kontrolliert werden. Und sollte eine Behörde doch einmal aus der Reihe tanzen, so steht Bürgern mit BIMER, dem Kommunikationszentrum des Ministerpräsidenten gleich eine Hilfestelle zur Verfügung. „Wenn nach drei Tagen nicht entsprechend gehandelt wird, fresse ich einen Besen“, so der Kommentar eines 35-jährigen Mannes aus Manisa.

3. Technologie

Was von vielen Bürgern hoch eingeschätzt wird, ist die Förderung von Bildung und Technologie. Keine Regierung zuvor soll so viel in die Ausbildung der Jugend investiert haben. Kein Wunder: Die Türkei hat eine sehr junge Bevölkerung.

Im Projekt FATIH sollen 16 Millionen Schüler mti Tablet-PCs ausgestattet werden. Auch in puncto medizinischer Versorgung macht die Türkei Fortschritte. So sind in diesem Jahr die klassischen Rezepte tellweise weggefallen. In Apotheken erhält man Medikamente mit Hilfe des e-Rezepts: Ausweis vorzeigen und Medizin erhalten.

Dennoch gibt es gerade im Bereich Krankenhausversorgung großer Nachholbedarf. Genauso wie in Holland gehen Menschen bei Leiden erst ins Krankenhaus. Diese sind entsprechend überlastet.

Fazit

Ich habe viel Positives in meinem zweimonatigen Aufenthalt in der Türkei gesehen. Natürlich liegt dies auch daran, dass ich den bisherigen Status kannte. Es bedarf noch einiges mehr, um den Standard in Europa zu erreichen. Die Regierung betont jedoch immer wieder in persona des Europaministers Egemen Bagis, dass dies das erklärte Ziel sei.

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